Mittwoch, 30. Juli 2008

„Europa hegt ideologische Vorurteile gegen Berlusconi“

Nach der Kritik des Europarats an der Ausländerpolitik der Berlusconi-Regierung greift Europaminister Andrea Ronchi zur Gegenwehr. In einem Interview mit der Mailänder Tageszeitung „Corriere della Sera“ (Mittwoch-Ausgabe) warnte Ronchi vor „ideologischen Vorurteilen“ gegen Ministerpräsident Silivo Berlusconi in Europa.

„Die ideologische Linke hat die Vorurteile gegen Berlusconi nach Europa exportiert“, sagte der Minister. In seinem Bericht über die Ausländerpolitik Italiens habe der Menschenrechtsbeauftragte des Europarates, Thomas Hammarberg, die italienische Polizei beschuldigt, Razzien in Roma-Siedlungen durchgeführt zu haben.
Dies entspreche keineswegs der Wirklichkeit. Ronchi: „Ich hoffe, dass sich Hammarberg so schnell wie möglich bei Italien und unserer Polizei entschuldigt, die keinerlei Aktionen dieser Art durchgeführt hat und täglich außerordentliche Arbeit leistet.“

Italien habe das Vergehen der illegalen Immigration eingeführt, wie es bereits andere Länder wie Großbritannien und Deutschland getan hätten. „Auf diese Weise will man ein Signal setzen, dass Italien nicht die Drehtür nach Europa ist“, sagte der italienische Europaminister weiter. Innenminister Roberto Maroni hatte bereits am Dienstag die Vorwürfe Hammerbergs entschieden zurückgewiesen.

„Keine Initiative ist gegen eine bestimmte ethnische Gruppe ergriffen worden“, betonte Maroni. Die Zählung der in so bezeichneten Behelfsiedlungen lebenden Roma sei aus humanitären Gründen in die Wege geleitet worden und sei keineswegs auf ethnischer Basis beschlossen worden.

Donnerstag, 24. Juli 2008

Berlusconi: „Jetzt ist die Verfolgung gegen mich zu Ende“



Regierungschef Silvio Berlusconi feiert die Verabschiedung eines umstrittenen Immunitätsgesetzes, das ihm Straffreiheit gewährt.


Neben dem Premier sollen auch der Staatspräsident und die Präsidenten der beiden Parlamentskammern während ihrer Amtszeit vor Strafverfolgung geschützt sein, heißt es im Gesetz, das auch von Präsidenten Giorgio Napolitano unterzeichnet worden ist und jetzt in Kraft tritt.
„Die Justizbehörden können mich jetzt nicht mehr verfolgen. Danke, Sie haben mich befreit. Jetzt werde ich nicht mehr samstags Zeit mit meinen Rechtsanwälten verlieren müssen, um mich vor Gericht zu verteidigen“, sagte Berlusconi.

Montag, 21. Juli 2008

Bossis Stinkefinger


Bossis Stinkefinger: Nationalhymne und Staat als "faschistisch" geschmäht
Reformminister Umberto Bossi von der rechtspopulistischen Partei Lega Nord hat die Mameli-Hymne und den Staat geschmäht und damit seine Koalitionspartner gegen sich aufgebracht.

Während eines Parteitreffens von Lega Nord und Liga Veneta in Padua sagte Bossi: "Wir dürfen nicht länger Roms Sklaven sein", wie es in der Nationalhymne heiße, und zeigte dabei den Stinkefinger.
Er forderte zum Kampf gegen die "zentralistische Kanaille" auf. "Entweder bekommen wir die Reformen oder es gibt Krieg und wir werden siegen", sagte er. Notwendig sei der Kampf gegen "den faschistischen Staat", die Zeit sei reif, "all dem ein Ende zu setzen".

Der Verteidigungsminister Ignazio La Russa forderte umgehend eine Entschuldigung von Bossi. Wenn Bossi meine, dass er das "Gefühl nationaler Einheit" beleidigen könne, dann wünsche er nicht, mit ihm oder einem andereren Lega-Minister an einem Tisch zu sitzen.

Die Lega Nord stellt in der Regierung von Silvio Berlusconi vier Minister. Die föderalistische und fremdenfeindliche Partei wettert bevorzugt gegen die "große Diebin Rom", die das Volk in Norditalien durch "Zwangssteuern" ausplündere und setzt sich für einen eigenen Freistaat "Padanien" in der Po-Ebene ein.

Was die Föderalismus-Vorschläge betreffe, so werde die Lega die Türe zur oppositionellen PD Walter Veltroni offen lassen, sagte Bossi.

Freitag, 11. Juli 2008

„Berlusconi demütigt das Parlament“

„Berlusconi demütigt das Parlament“ „Lex Berlusconi“ oder „Gesetz ad personam“ - es gibt in Italien gleich mehrere Ausdrücke für die derzeitigen Bemühungen des konservativen Regierungschefs, einer Verurteilung in einem gegen ihn laufenden Korruptionsverfahren zu entgehen.

Schon seit Wochen scheint es im Parlament kein anderes Thema mehr zu geben, als die immer neuen Versuche, Silvio Berlusconi aus den Krallen der Justiz zu befreien.
Nun wurde in der Abgeordnetenkammer nach nur zweitägigen Debatten ein Immunitätsgesetz verabschiedet, wonach Prozesse gegen die vier ranghöchsten Staatsvertreter (Staats- und Ministerpräsident sowie die Parlaments-Präsidenten) ausgesetzt werden, solange diese im Amt sind.

„Was für das Land wirklich wichtig ist und Priorität haben sollte, ist eine Erhöhung der Gehälter und der Renten“, entrüstete sich Oppositionschef Walter Veltroni.

„Innerhalb von 48 Stunden ist ein Gesetz für eine einzige Person diskutiert und verabschiedet worden, während das Land seit sechs Jahren auf ein Gesetz für hilfsbedürftige Senioren wartet.“

„Eine Schweinerei“

Die Regierung habe jeden Realitätssinn verloren, monierte er. Massimo Donadi von der Oppositionspartei „Italia dei Valori“ (Idv) fand noch deutlichere Worte und bezeichnete das Immunitätsgesetz als „eine Schweinerei, die die Verfassung verletzt und das Parlament demütigt“.

Bereits am vergangenen Wochenende waren in Rom rund zehntausend Menschen auf die Straße gegangen, um gegen Berlusconis Politik zu demonstrieren.

Aussetzung der Prozesse darf nur einmalig angewandt werden

Einen kleinen Erfolg konnte die Linke allerdings verbuchen: In den Gesetzesentwurf wurde auf ihr Drängen eine Klausel eingebaut, die besagt, dass die Aussetzung der Prozesse nur einmalig angewandt werden darf.

Falls Berlusconi sich also künftig erfolgreich um das Amt des Staatspräsidenten bewerben sollte - was er in der Vergangenheit bereits mehrmals angekündigt hat - würde das Immunitätsgesetz für ihn nicht mehr gelten.

Berlusconi und die Justiz - das ist in Italien seit langem ein Thema. In der Vergangenheit liefen teilweise sechs Prozesse gegen ihn, wobei er jedoch - unter anderem durch Gesetzesänderungen - einer endgültigen Verurteilung immer wieder entging.

Gesetze werden im Schnellverfahren durchgepeitscht

Derzeit steht der Medienmilliardär in Mailand vor Gericht, weil er 1997 den britischen Anwalt David Mills zwecks Falschaussagen mit 600 000 Dollar bestochen haben soll.

Seine Verbündeten rechtfertigen die derzeitigen „Gesetze im Schnellverfahren“ damit, dass eine Verurteilung dem internationalen Ansehen und der Glaubwürdigkeit der Regierung schaden würde. Berlusconi sei vom Volk gewählt worden und müsse deshalb ungestört regieren können, heißt es.

Der „Cavaliere“ selbst schimpft hingegen immer wieder auf die „roten“ Richter, die seiner Meinung nach allesamt von der linken Opposition beeinflusst sind. Die Turiner Zeitung „La Stampa“ bezeichnete die politischen Ereignisse der vergangenen Wochen als „erschütternd“.

Bereits vor wenigen Wochen hatte die Regierung im Senat ein anderes Gesetzesdekret durchgeboxt, wonach all diejenigen Verfahren zwölf Monate lang ruhen sollen, bei denen es um Delikte aus der Zeit vor Juni 2002 geht.

Die Gerichte im Land sollen sich demnach lieber auf schwerwiegende Tatbestände wie Mafia-Verbrechen oder Terrorismus konzentrieren. Der ehemalige linke Ministerpräsident Massimo D’Alema forderte Berlusconi jetzt auf, sich „erhobenen Hauptes“ den gegen ihn angestrengten Prozessen zu stellen. Seine „autoritären Entscheidungen“ hätten auch viele Regierungspolitiker in Verlegenheit gebracht, betonte D’Alema.

“Geht ruhig schlafen, ich bin mittlerweile sowieso ein Heiliger“

Berlusconi selbst scheint von all der Kritik unbeeindruckt. Bei der Abstimmung über das Immunitätsgesetz war er nicht einmal anwesend. Die Zustimmung war ihm sicher, da er in beiden Kammern über eine komfortable Mehrheit verfügt.

Am Donnerstagabend setzte er vor Journalisten sogar noch einen drauf und erklärte: „Geht jetzt ruhig schlafen, ich bin mittlerweile sowieso ein Heiliger.“

Nochmal Schwein gehabt Silvio!

Abgeordnetenkammer billigte Immunitätsgesetz

Nach Tagen scharfer politischer Auseinandersetzungen hat die Abgeordnetenkammer am Donnerstagabend ein umstrittenes Immunitätsgesetz verabschiedet.

Das Gesetzesprojekt das noch vom Senat gebilligt werden muss, sieht vor, dass Justizverfahren gegen hochrangige Staatsvertreter (Premierminister, Staatschef, Präsidenten der Abgeordnetenkammer und des Senats) ausgesetzt werden, solange diese ihre Staatsämter ausüben.
Der Gesetzentwurf wurde von 308 Parlamentariern gebilligt, dagegen stimmten 236 Abgeordnete. 30 Parlamentarier der christdemokratischen UDC enthielten sich der Stimme. Die SVP-Parlamentarier stimmten gegen das Gesetz.

Vor der Abstimmung hatten Parlamentarier des "Partito Democratico" um Walter Veltroni vergebens an Regierungschef Silvio Berlusconi appelliert, auf die umstrittene Immunitätsregelung zu verzichten, um das gespannte politische Klima zu entschärfen.

„Es ist ein politischer Fehler, auf diese schändliche Weise die Interessen eines Premierministers zu verteidigen, der wegen Korruption vor Gericht steht, sagte Ex-Außenminister Massimo D·Alema, Spitzenpolitiker der PD.

„Wir sind der Meinung, dass dieses Gesetz für das gute Funktionieren der Institutionen wichtig ist. Hochrangige Staatsvertreter müssen in Ruhe ihre Arbeit leisten können. Der Premierminister ist im Fall einer Verurteilung nicht gesetzlich zum Rücktritt gezwungen“, kommentierte Justizminister Angelino Alfano, Verfasser des Immunitätsgesetzes.

„Die Regierung versucht den Prozess gegen Berlusconi zu stoppen, der bereits in die Schlussphase getreten ist. In einem normalen Land ist es Interesse der Bürger, einen unschuldigen Premierminister zu haben, nicht einen, den man nicht verurteilen kann“, so der Oppositionspolitiker Antonio Di Pietro.

Premier Berlusconi und sein früherer britischer Anwalt David Mills sind in Mailand derzeit unter anderem wegen Bestechung angeklagt.

Berlusconi soll Mills 600.000 Dollar (381.412 Euro) für falsche Zeugenaussagen vor italienischen Gerichten bei zwei Prozessen Ende der 90er Jahre bezahlt haben. Der Prozess ist in die Endphase getreten. Dem Premierminister drohen sechs Jahre Haft.