Mittwoch, 16. September 2009

„Mehr geleistet als De Gasperi"

Fünf Monate nach Beginn des Skandals um sein Privatleben hat Italiens Regierungschef Silvio Berlusconi seine Herbstkampagne begonnen, um sein angekratztes Image wieder aufzupolieren.

Dabei greift der Medienzar auf sein bekanntes Kommunikationstalent im Fernsehen zurück. Eine fast dreistündige One-Man-Show wurde am Dienstagabend im Rahmen der von RAI 1 gesendeten Talkshow „Porta a Porta" für Berlusconi organisiert.

Die Gelegenheit nutzte der TV-Tycoon und Milliardär, um jegliche Beschuldigung in Bezug auf Sexaffären zurückzuweisen und um seine Erzfeinde - die Opposition und regierungskritische Medien - zu attackieren.

Regierungskritische Talkshow „Ballarò" für Berlusconi aus Programm gestrichen

Anlässlich der feierlichen Übergabe der ersten Häuser an Obdachlose des vom Erdbeben zerstörten Abruzzen-Dorfes Onna wurde am Dienstagabend eine Sonderausgabe von „Porta a Porta", der populären Polit-Show des Berlusconi-Freundes Bruno Vespa mit dem Premierminister als Stargast organisiert.

Normalerweise läuft das Programm täglich ab 22.30 Uhr, doch für den historischen Tag der Häuserübergabe in Onna wurde es auf die beste Sendezeit um 21.00 Uhr vorverlegt.

Die eher regierungskritische Talkshow „Ballarò" wurde einfach aus dem Programm genommen, was in Oppositionskreisen zu empörten Reaktionen führte.

„Ich habe mehr geleistet als Alcide Degasperi"

„Ein riesiger Werbespot für die Regierung", kritisierte die oppositionelle Tageszeitung „La Repubblica" den Monolog des Premierministers, der unermüdlich die Leistungen seines Mitte-rechts-Kabinetts in den ersten 15 Monaten Legislaturperiode auflistete und sich selbst wieder als besten Premierminister in der 150-jährigen Geschichte Italiens lobte.

Er habe sogar mehr als der „Vater der Republik" Alcide De Gasperi geleistet, der hintereinander acht italienische Regierungen geführt hatte und neben Konrad Adenauer und Robert Schuman als einer der Gründerväter des vereinten Europas gilt.

„De Gasperi hat eine schwierige Aufgabe bewältigt, doch seine Leistungen können nicht mit der Arbeit meiner Regierung in diesen 15 Monaten verglichen werden", versicherte der redegewandte Premierminister.

„Solange ich anwesend bin, kann nichts Unelegantes passieren"

Prominente Kommentatoren italienischer Zeitungen durften Berlusconi zwar Fragen stellen, das heikle Thema der Sexskandale, wegen denen der Fernsehmogul seit Monaten international unter Druck geraten ist, wurde jedoch geschickt ausgeklammert, um den prominenten Gast nicht zu verstimmen.

Berlusconi bestritt jedenfalls, jemals wilde Partys mit Callgirls in seinen Residenzen organisiert zu haben. „Solange ich anwesend bin, kann nichts Unelegantes geschehen", versicherte Berlusconi.

Er rechtfertigte sich wegen der Klagewelle gegen regierungskritische Zeitungen, die über seine Affären berichtet haben. „Ich bin fünf Monate lang auf ärgste Weise diffamiert worden und habe geschwiegen. Jetzt habe ich mit Klagen gegen die Zeitungen reagiert, die mich verleumdet haben. Meine Reaktion ist absolut legitim", sagte Berlusconi.

„Habe keine Probleme mit Fini"

Der Regierungschef dementierte auch Spannungen mit seinem bisher treuen verbündeten Gianfranco Fini, dem Präsidenten der Abgeordnetenkammer. Fini hatte Berlusconi zuletzt wegen mangelnder Demokratie in der Partei und wegen der Einwanderungspolitik kritisiert.

„Ich habe keine Probleme mit Fini, wir haben lediglich zwei verschiedene Auffassungen der Politik. Ich betrachte die Parteien als flexible Bewegungen, die auf lokaler Ebene verankert sein müssen und die Wahlen organisieren. Ein Polit-Profi wie Fini will den Parteien mehr Kompetenzen zusprechen", sagte Berlusconi.

Der geschminkte und nach einer Kur abgemagerte Berlusconi widersprach entschieden, dass er wegen der Skandale rund um sein Privatleben an Popularität verloren habe. Auch unter den schlimmsten Attacken habe er niemals an seinen Rücktritt gedacht.

„Die Italiener sind auf meiner Seite. Meine Popularität liegt bei 68,4 Prozent", versicherte Berlusconi.

apa

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