Mittwoch, 27. Mai 2009

Financial Times: "Berlusconi ist eine Gefahr"

Die internationalen Zeitungen beschäftigen sich mit Regierungschef Berlusconi und seinen mysteriösen Affären. Während die „FT" in Berlusconi ein „unheilvolles Beispiel" sieht, befasst sich der „Corriere" mit dem „gestörten Selbstbild" des Regierungschefs. Die spanische Zeitung „El País" hingegen setzt sich mit dem „Klima moralischer Dekadenz" in Italien auseinander.

„El País": Klima moralischer Dekadenz in Italien

Zu den Affären um Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi schreibt die linksliberale spanische Zeitung „El País" (Madrid) am Mittwoch:

„Silvio Berlusconi gelingt es, für sich selbst zu regieren und die Interessen des Gemeinwohls zu ignorieren. Dem italienischen Regierungschef ist geglückt, was er seit seinem Einstieg in die Politik in Wirklichkeit immer angestrebt hatte: vor den Gerichten straffrei davonzukommen. Das heikle Verhältnis des 72-Jährigen zu der 18 Jahre alten Schülerin Noemi sorgte nun für neuen Wirbel und ließ in Italien ein Klima moralischer Dekadenz aufkommen.

Der Skandal hat auch eine politische Dimension. Er zwang Berlusconi in die Defensive. Der Regierungschef, der die demokratischen Spielregeln gerne missachtet, hat über seine Beziehung zu Noemi wiederholt die Unwahrheit gesagt. Alles deutet darauf hin, dass Italien vor einer Zeit billiger Witze steht, die das Image des Landes weiter ankratzen werden."

„FT": Berlusconi ist eine Gefahr

Deutliche Worte gegen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi findet die britische Wirtschaftszeitung „Financial Times" am Mittwoch:

„Faschismus ist keine wahrscheinliche Zukunft für Italien. Das muss man sagen (...), denn viele nehmen an, dass die Finanzkrise plus Silvio Berlusconi einer Rückkehr des Faschismus gleichkommen. (...) Dass Berlusconi so beherrschend ist, ist zum Teil Schuld der zögernden Linken, der schwachen und oft instrumentalisierten Institutionen und eines Journalismus, der sich zu oft mit seinem Untergebenen-Status abgefunden hat. Aber die größte Schuld kommt einem sehr reichen, sehr mächtigen und einem immer skrupelloseren Mann zu. Kein Faschist, aber eine Gefahr für Italien. Und ein unheilvolles Beispiel für alle."

„Corriere": „Berlusconis gestörtes Selbstbild"

Der Mailänder „Corriere della Sera" schreibt am Mittwoch zum Fall Noemi - der unklaren Affäre des Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi mit einer 18-jährigen Schülerin aus Neapel - und dessen politische Folgen:

„Vor noch knapp einem Monat, nach dem Erdbeben in den Abruzzen und der Gründung der Partei 'Volk der Freiheit' (PDL), konnte Berlsuconi ohne Bedenken behaupten, die Mehrheit der Italiener hinter sich zu haben. (...) Nach den Ereignissen der vergangenen Wochen scheint jedoch die Fassade seines politischen Gebäudes Risse aufzuweisen. Nicht, dass etwas überraschend Neues geschehen wäre. (...) Aber der negative Effekt zahlreicher Episoden ist vervielfacht worden durch (...) den Fall Noemi. (...) Dies wäre nicht geschehen, hätte Berlusconi nicht geglaubt, sich Freiheiten herausnehmen zu dürfen, die auch ihm nicht feindlich Gesonnene in Verlegenheit bringen mussten. (...) Es kommt der Zweifel auf, dass die Trunkenheit über den erreichten Wähler-Konsens Berlusconis Wahrnehmung seiner Person und seiner Funktionen getrübt haben könnte."

dpa

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