Freitag, 4. Dezember 2009

Mafia-Kronzeuge setzt Berlusconi vor Gericht unter Druck


Der abtrünnige Mafioso Gaspare Spatuzza, der mit seinen Berichten über angebliche Verstrickungen zwischen der sizilianischen Cosa Nostra und Ministerpräsident Silvio Berlusconi in den Neunziger Jahren derzeit für einen Eklat in Italien sorgt, hat am heutigen Freitag erstmals von einem Gericht ausgesagt.

Spatuzza, den die Staatsanwälte als glaubwürdigen Zeugen betrachten, wurde in Turin als Zeuge in dem Berufungsprozess gegen den Senator und Berlusconi-Vertrauten Marcello Dell’Utri befragt, der wegen Mafia-Verstrickungen erstinstanzlich bereits zu neun Jahren Haft verurteilt worden war.

Der 45-jährige Spatuzza, der dem sizilianischen Mafia-Clan Graviano angehörte, berichtete, ein für eine Serie von Bombenanschlägen der Mafia in Rom, Mailand und Florenz im Jahr 1993 verurteilter Mafia-Boss habe den damals noch nur als TV-Unternehmer tätigen Berlusconi mit den Attentaten in Verbindung gebracht. Berlusconi und Dell’Utri hätten direkte Kontakte zu seinem Mafia-Boss Giuseppe Graviano gehabt.

Schwere Beschuldigungen

Vor den Staatsanwälten von Florenz, die ihn in den letzten Monaten lange vernommen haben, hatte Spatuzza zu verstehen gegeben, dass Berlusconi mit dem Geld der Familie Graviano in den Siebziger Jahren Geschäfte auf Sizilien gemacht hatte. Graviano hatte 1993 dann Berlusconis politischen Aufstieg nach der Gründung seiner Mitte-rechts-Partei Forza Italia unterstützt.

Mit den Bombenanschlägen in Rom, Florenz und Mailand wollte die Mafia Italien destabilisieren und den Boden für einen neuen Politiker schaffen, sagte Spatuzza. Italienische Medien berichteten kürzlich, gegen Berlusconi und Dell’Utri liefen Ermittlungen wegen ihrer mutmaßlichen Verstrickung in die tödliche Anschläge der Mafia in den Jahren 1992 und 1993.

Berlusconi zeigte sich über Verdächtigungen erzürnt, er sei selbst in Aktivitäten der Mafia verstrickt gewesen. „Es ist einfach ein Wahnsinn, ich werde der unglaublichsten Dinge beschuldigt. Dabei hat meine Regierung wie keine andere die Mafia bekämpft“, wurde Berlusconi von italienischen Medien am Freitag zitiert.

Spatuzza studiert seit seiner Verhaftung Theologie

Auch Senator Dell’Utri bezeichnete Spatuzzas Worte als unerhört. „Die Mafia hat das größte Interesse, die Regierung Berlusconi zu stürzen, die riesige Erfolge im Kampf gegen die Mafia feiern kann“, sagte Dell’Utri.

Spatuzza, der vor zwölf Jahren verhaftet wurde, hat sich 2005 zur Zusammenarbeit mit der Justiz entschlossen. Seitdem studierte er Theologie. Den Staatsanwälten gestand er den Anschlag auf den Richter Paolo Borsellino am 19. Juli 1992 in Palermo. Für den Anschlag seien die falschen Personen verurteilt worden.

apa

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